Covid-19 und der Abiturjahrgang 2020 - Eine Beziehungsstory, deren Happy-End noch aussteht ?

Es ist Anfang Januar 2020.

In den Medien wird derzeit über eine neuartige Lungenkrankheit berichtet, die durch einen bisher

unbekannten Virus-Typ hervorgerufen werden soll. Besonders betroffen scheint vor allem die Stadt Wuhan in

der chinesischen Provinz Hubei. Im Landkreis Kusel schenken die Schülerinnen und Schüler der MSS 13

diesen Nachrichten kaum Beachtung, denn schließlich stehen bald die schriftlichen Abiturprüfungen an.


Es ist Ende Januar 2020. 

Die schriftlichen Abiturprüfungen sind überstanden, was von den Prüflingen bereits mehrfach ausgiebig

gefeiert wurde. „So richtig feiern können wir aber erst, wenn wir unsere endgültigen Ergebnisse haben!“

Ein paar Schülerinnen der MSS 13 unterhalten sich in der Pause darüber, dass die China-Exkursion des

Erdkunde-Leistungskurses 12 wegen des Virus abgesagt werden soll. Verständlich und vernünftig, meinen

sie, denn schließlich soll das Virus, das zur Gruppe der Corona-Viren gehört, nach neuesten Erkenntnissen

hochansteckend sein. Außerdem wurde auch in Deutschland bereits der erste Fall bestätigt, ob uns das

Virus nicht vielleicht doch gefährlich werden könnte? Eher nicht, da sind sich die Schülerinnen sicher. 


Es ist Mitte Februar 2020.

Alle feiern ausgelassen Fasching, vor allem die Abiturientinnen und Abiturienten des SGK. Mittlerweile

wurden auch im Rest Europas die ersten Virus-Infektionen gemeldet. Das kümmert die Schüler aufgrund der

Anspannung vor der Ergebnisbekanntgabe wenig.

Ein paar Tage nach Aschermittwoch wird aus dem Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen die erste größere

Covid-19-Infektionskette in Deutschland gemeldet. Die Zahl der Infizierten steigt. Die Stadt Wuhan in China

befindet sich zu diesem Zeitpunkt längst in einem Zustand des Lockdowns. Ausgangssperren und

Reiseverbote wurden verhängt. Auch die Zahl der Toten durch Covid-19 ist weiter angestiegen, unter

anderem wurde auch der erste Todesfall in Europa bestätigt. Wird das Virus nun doch größere Auswirkungen

auf unseren Alltag haben? Darüber machen sich die Abiturienten keine Gedanken, denn schließlich sind die

Ergebnisse der Prüfungen noch nicht draußen.


Es ist Anfang März 2020. 

Ein Teil der MSS 13 befindet sich gerade auf einer Exkursion in der Jugendherberge Homburg. Auf den

Besinnungstagen wird nicht nur ausgelassen gelacht, sondern auch viel über die Zukunft reflektiert. „Hey,

dieses Spiel wäre doch auch spannend für den Abiball!“

Am zweiten Tag wird die erste Covid-19-Infektion in Homburg gemeldet. Die Jugendherberge ergreift

Maßnahmen und lässt die Gäste nicht mehr selbst die Tische abwischen. Scherzhaft meinen einige Schüler:

"Wenn einer von uns das Virus hat, haben wir es jetzt alle. Bei den verschiedenen Programmpunkten hatten

wir ja viel Körperkontakt." Wird uns das Virus betreffen? Vielleicht ein wenig, aber so sehr wie in China oder

Norditalien auf keinen Fall. Kontaktverbote und sonstige Maßnahmen wären hier in Deutschland undenkbar.

Was sollen wir uns darüber auch Gedanken machen? Am Ende der Woche bekommen wir unsere

Ergebnisse und wenn alles gut läuft, feiern wir bald unseren Abiball!


Es ist Mitte März 2020.

Die Planungen für den Abiball laufen auf Hochtouren. Das Programm steht. Die erste Tanzstunde hat statt

gefunden. Einige Mitglieder des Abiball-Gremiums besuchen die Fritz-Wunderlich-Halle, um letzte

technische Fragen zu klären. Die Kalkulationen gehen super auf, das auf vielfältige Art und Weise

gesammelte Geld wird reichen.

Zwei Tage später wird die erste Infektion im Kreis Kusel gemeldet. Erste Veranstaltungsabsagen folgen. Die

Landesregierung beschließt ein Veranstaltungsverbot für alle Veranstaltungen mit mehr als 75 Personen. Die

Schulen werden geschlossen, Kontakt ist in der Öffentlichkeit ist nur noch für Gruppen von 5 Personen

erlaubt. Es steht fest: Es wird am 27. und 28. März weder eine Abifeier, noch einen Abiball des

Abiturjahrgangs 2020 geben. 

Ein Punkt sorgt jedoch für Verwirrung, denn die ADD gibt auf ihrer Homepage noch vor der Pressekonferenz

der Landesregierung an, dass die mündlichen Abiturprüfungen um eine Woche verschoben werden. In der

Pressekonferenz heißt es allerdings, dass die Schulen selbst entscheiden, ob sie die Prüfungen verschieben

oder nicht. Einige Schülerinnen freuen sich bereits über die neu gewonnene Zeit, andere bleiben skeptisch.

Um 0:00 Uhr am gleichen Tag dann Klarheit: Im Corona-Ticker des SGK wird explizit gesagt, dass die

Prüfungen in Kusel regulär stattfinden werden.

Die Gemütslage der Abiturientinnen ist wechselhaft. Einerseits ist das Abitur noch nicht vollends überstanden

und es muss noch einiges an Lernstoff gefestigt werden, andererseits passieren gerade so viele

außergewöhnliche Dinge, dass vielen der Kopf nicht nach lernen steht. Insgeheim besteht doch noch die

Hoffnung, dass die ein oder andere Maßnahme evtl. doch noch rückgängig gemacht wird.


17. März 2020

Die Angst, dass die Prüfungen womöglich doch noch verschoben oder ganz abgesagt werden ist ein

ständiger Begleiter. Mittlerweile ist es nur noch möglich, sich in der Öffentlichkeit in Gruppen von max. 5

Personen aufzuhalten. Nach dem ganzen Abistress wird also nicht mal eine kleine stufeninterne Feier

möglich sein. Die Prüfungen werden regulär stattfinden, wenn auch unter bestimmten

Sicherheitsvorkehrungen. Die Schulleitung gibt auf der Homepage bekannt, dass die Prüflinge von

Lehrkräften am Schultor abgeholt werden müssen und das Gebäude nur nach passieren einer

Desinfektionsstation betreten dürfen. Die Prüfungskommissionen werden um eine Person verkleinert.

Außerdem wird die Sitzordnung so gestaltet sein, dass zwischen den Beteiligten ein Abstand von etwa drei

Metern gewahrt bleibt. Den Abiturienten ist klar: Das wird keine normale Prüfung. 


20. März 2020

Die Prüfungen sind überstanden. Der Druck und die Last auf den Schultern lösen sich auf. Am liebsten

würde man sich mit Freunden und Familie treffen, um den Erfolg zu feiern.

Wie wäre es mit einer kleinen Parkplatzparty? Geht nicht – Kontaktverbot in der Öffentlichkeit.

Wie wäre es mit einem kleinen Umtrunk in der Stammkneipe? Geht nicht – alle Kneipen sind geschlossen.

Man könnte doch auch mit den Eltern schick essen gehen! Geht nicht – alle Restaurants sind ebenfalls

geschlossen.


25. März 2020

Die Schulleitung gratuliert auf der Homepage allen Abiturienten zum bestandenen Abitur. Die Zeugnisse

werden per Post zugestellt.

...und so endet unsere 13-jährige Schulzeit ganz still und leise mit dem Öffnen eines Briefumschlags auf

dem heimischen Sofa. Vorerst ohne Abigag, Abigottesdienst, Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen,

Rückgabe der Schulbücher, Abifeier und Abiball. Doch eines ist sicher:

Unser Abitur wird für uns alle mehr als unvergesslich bleiben.


to be continued


Clara Seyler